Didaktische Elemente einer MINT-Propädeutik
Wir glauben nicht, dass eine MINT-Propädeutik eine eigene Didaktik benötigt.
Allerdings lassen es die Ziele und Inhalte einer Didaktik für ein MINT-Propädeutikum ratsam erscheinen, nicht automatisch und unbefragt spezifische fachlich tradierte - und bisweilen überkommene - didaktische Elemente aus der Hochschule unverändert ins MINT-Propädeutikum zu übernehmen.
Aus dem Bildungsziel "Orientierung" und der fächerübergreifenden Anlage von MINT bietet es sich an, eine möglichst breite Auswahl an Veranstaltungsformen anzubieten.
Veranstaltungsformen kennen lernen
Es gehört zum Bildungsauftrag eines Propädeutikums, die Studierenden auch in innovative kooperative Arbeitsmethoden einzuführen. Viele von ihnen werden zwar nicht immer an der Hochschule, sicher jedoch spätestens in der beruflichen Praxis zum relevanten "weichen" Faktor erfolgreicher Teamarbeit.
Die Hochschuldidaktik bietet Lehrenden wie Lernenden ein reichhaltigstes Methodenspektrum an. Wo - wenn nicht in einer Propädeutik? - wäre auch für Dozenten ein Ort, hier neue Erfahrungen zu gewinnen?
Praxisrelevante didaktische Großformen: Neben Klassikern wie Vorlesung, Übung und Seminar gehören hier auch Labor, Praxisprojekt, empirische Erhebung, Workshop, Exkursion, Postersession bis hin zu OpenSpace dazu.
Überlegungen zum idealen Aufbau eines thematisch strukturierten Halbtags (Didaktik als Methodenlehre) fasst aktuell der Präsident der „Studienstiftung des deutschen Volkes“ Gerhard Roth zusammen in einem kleinen Vortrag mit dem Titel "Neuronen in der Schule: Wie das Gehirn lernt" ( http://www.swr.de/swr2/programm/sendungen/wissen/-/id=8002092/property=download/nid=660374/1fc642e/swr2-wissen-20110619.pdf , lokal: ../images/didaktik/www.swr.de_swr2_programm_sendungen_wissen_-_id=8002092_property=download_nid=660374_1fc642e_swr2-wissen-20110619.pdf) ; Zitate (S.6ff):
- [es ist] eine radikale Reduktion der Unterrichtsinhalte aufgrund der Erkenntnis „weniger ist meist mehr“ notwendig
- Lernen als Wissenskonstruktion [ist] trivialerweise stets selbstorganisiert [...] die aktive Aneignung des Lernstoffes [ist] ein überaus wichtiger Teil des Lernerfolges.
- niemand [kann] einem neuen Stoff für mehr als 5 Minuten konzentriert zuhören
- Nötig sind [...] größere Unterrichtsblöcke von mindestens 1,5 bis 2 Zeitstunden [...]. Viel besser ist es, während eines ganzen Vormittags oder gar eines ganzen Tages ein Thema über eine Mischung von Frontalunterricht, Gruppenunterricht und Einzelarbeit zu behandeln.
- Zwingend für alle Unterrichtsformen ist weiterhin die Überprüfung des Vorwissens, also des aktuellen Wissensstandes der Schüler.
- Wiederholung ist das A und O des Lernens. [...] Es empfehlen sich Wiederholungen in zunehmend längeren Abständen, z. B. nach 6 Stunden, d. h. am Nachmittag desselben Tages, nach 2 bis 3 Tagen, 2 bis 3 Wochen und 2 bis 3 Monaten.
Diese Forderungen in einer MINT-Propädeutik zu implementieren ist eine didaktische Herausforderung selbst an didaktisch geschulte Dozenten. Insofern gesehen erfordert eine MINT-Propädeutik eine Didaktik, die zwar nicht neu ist, sich aber vom tradierten Hochschulbetrieb doch deutlich abhebt. Grob skizziert wird eine solche "Verbundlehre" z.B. in http://www-pu.informatik.uni-tuebingen.de/iug/dh/Verbundkonzept.html
Aus Sicht des Knowledge Engineerings schließt sich hier ein Kreis: Methoden und Veranstaltungsformen, die sich aus Sicht der Hochschuldidaktik innovativ (und in bestehenden Strukturen nicht immer leicht realisierbar) anfühlen, sind aus Sicht von Wissensarbeitern in der beruflichen Praxis gängige Vorgehensweisen in interdisziplinären Projetteams. Denn Wissensarbeit im Betrieb ist angewandte Erwachsenenbildung "on the job".
Mit Texten arbeiten
Voraussetzung: Ein Thema ist in einem Lexikon- oder Lehrbuchtext dargestellt. Der Text "repräsentiert", "steht für" das Thema. Wir sind in der Mediengesellschaft angekommen: Der Großteil menschlichen Wissens wird nicht im mündlichen Gespräch, sondern in der schriftlichen, medial vermittelten Kommunikation weitergegeben.
Was geschieht jetzt mit diesem Text?
Als Studierende können wir statt Inhalts-Experten nun auch den Text befragen, auf seinen Inhalt abklopfen. Als Dozenten können wir die Rolle des primären Inhaltsvermittler ablegen und in die Rolle des Lernhelfer (DIN ISO 29990: learning facilitator) schlüpfen. Mögliche Herangehensweisen an den Text:
Studien-HowTo
Ergänzend zu den Veranstaltungsformen und den verschiedenen Ansätzen der Arbeit mit symbolischen Wissensrepräsentationen (klassiche Texte, Wissensbasierte Systeme, Begriffssysteme) sollte in einer Propädeutik auch in das Studieren eingeführt werden.
Verschiedene Fachschaften bieten hier traditionell tatkräftige Hilfe an.
Aus Sicht der Bildungs-Institution wird hier der Fokus auf allgemeinen pragmatischen Methoden der Studienbewältigung liegen. Eine enge intra-institutionelle Zusammenarbeit empfiehlt sich von selbst. Aufgabe einer institutionalisierten Propädeutik kann sein, junge Studierende mit diesen Angeboten vertraut zu machen und sie für das eigene Angebot zu nutzen.
Individuelle Aufgabe von Dozenten kann es sein, eigene Werthaltungen bzgl. der erwarteten Lern- und Studienformen offenzulegen (und damit auch kritisierbar zu machen). Exemplarisch ausgeführt wird dies z.B. in