Bewertung einer Präsentation
Ausgangspunkt für diesen Text die Frage:
- Nach welchen Kriterien kann man eine Präsentation bewerten?
Zuerst muss man wissen, was man bewerten will. Erst dann kann man nach Indikatoren (d.h. validen und reliablen Beobachtungsitems) suchen.
Bewertung Präsentation ... was ist eine Präsentation? (a) klar, ppt-Vortrag: hier sind Vortrag und Medium genuine Teile der Präsentation, gehören zur Präsentation dazu ... (b) "Präsentation eines wiss. Posters, eines Autos": in diesem Satz gehört das präsentierte Ausstellungsstück begrifflich nicht direkt zur Präsentation dazu: das Poster/das Auto wird präsentiert, möglicher sogar im Sinne von (a) auch mit Hilfe von ppt ... "Präsentation" ist also ein Wort mit mindestens zwei (und möglicherweise noch mehreren anderen) leicht verschiedenen Bedeutungen, ein Polysem also.
Bei uns im Seminar auch wichtig: Eine schriftliche Hausarbeit nach einem weitgehend vorgegebenen Textmuster anfertigen ... auch in einer Hausarbeit präsentiert man ja ein Thema, nur eben schriftlich, für ein größeres Publikum für lange Zeit zum nachlesen; und nicht mündlich, für ein konkretes Publikum mit Blickkontakt vergänglicher Schall und Rauch ... fraglich: zunächst analytisch-begrifflicher, dann auch sachliche Zusammenhang zwischen Vortrag, ppt und Hausarbeit.
Dimensionen einer Präsentation
subjektiv | objektiv | |
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mündlich |
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schriftlich-visuell |
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schriftlich-textuell |
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Glossar
Dimensionen
waagrecht: Person und Sache
- subjektiv: das Subjekt, hier: die Person des Vortragenden
- objektiv: das Objekt, hier: das Thema, die Fragestellung, das Intersubjektive
senkrecht: Flüchtigkeit vs. Persistenz (letzteres nach Explizitheit der Infornations-Strukturierung unterschieden)
- mündlich: gesprochene Worte
- schriftlich-visuell: hohe explizite Strukturierung bis hin zur Formalisierung; hohe Informations- oder Affekt-Dichte
- schriftlich-textuell: aufgeschriebene Sprache, semantisch und pragmatisch reichhaltig, eher implizite Strukturierung, schwache Formalisierung
Felder (In den Feldern stehen die Kriterien als Basis für eine Bewertung. Offen: Beobachtungsitems (Indikatoren) dazu finden, sowie Urteilskraft dafür bekommen, wie sehr sie im konkreten Fall ausgeprägt sind (Skalen).)
- Präsenz: Wie sehr ist man persönlich "da", beansprucht Raum, Aufmerksamkeit?
- erklären: eine Stärke der mündlichen Kommunikation: Ein komplexes Thema für ganz bestimmte, persönlich wahrnehmbare Teilnehmer erklären, ihnen nahebringen
- im Hier und Jetzt verankern: mündliche Kommunikation auf Redesituation, Publikum, Anlass etc. zuschneiden
Selbstexploration
Was wir jetzt haben: Ein (sehr einfaches, noch ganz anfängliches, aber in Ansätzen bereits) formales Modell ... wozu das Modell, wie können wir es nutzen? ... die eigentliche Frage lautet: Warum die Mühe, warum die Kommunikationsfreudigkeit? Vielleicht nur die reine Freude an Erkenntnis. Vielleicht aber mehr: Offensichtlich scheint das Modell auch ein Problem zu lösen. Welches Problem? ...
Hier ist Selbst-Exploration gefragt: Wo ist das Unbehagen? ... Situation: Studierende haben sich darauf eingelassen, auch selbst eine Checkliste für die Beurteilung einer Präsentation zu liefern ... und liefern tatsächlich eine solche, Ergebnis: sie gefällt mir nicht ... also frisch auch selbst die Aufgabe angegangen .. . zuerst die eigene Intuition verschriftlicht, Ergebnis: meine Checkliste ist zu unsystematisch, bisher nicht mehr als Ergebnis eines Brainstorming ... dann gegoogelt, man findet einiges im Netz; Ergebnis: Viele Checklisten könnten das Ergebnis eines Brainsstormings (oder auch einer engagierten Lehrer- oder Dozentenarbeitsgruppe) sein, gefällt mir auch nicht.
In den externen Quellen auch beobachtet: Mir ist weitgehend unklar, für welche Kompetenzen die einzelnen beobachtbaren Items ein Anzeichen sind; oder andersherum: Es ist auch mit einer komplett sinnfreien Präsentation möglich, eine Vielzahl von Items hervorragend zu erfüllen ... meine Intuition: ich möchte (Setzung!) in einem wissenschaftlichen Seminar vorwiegend solche Bewertungsitems berücksichtigen, die nicht auch in einer sinnfreien Präsentation leicht zu erfüllen sind ... damit habe ich also ein Bewertungskriterium für die Relevanz von Beobachtungskriterien gefunden, richtig?
Das Unbehagen wird etwas klarer: Eine lediglich "braingestormten" oder sonst wie zusammengeragenen Liste von Beobachtungsitems ersetzt keine sachlogische Begründung ihrer Relevanz für - welche? - Bildungsziele ... Erschwerend kommt hinzu, dass eine Präsentation im Vertrieb sicherlich andere Ziele - und möglicherweise auch andere Beobachtungsitems - aufweist als eine Präsentation in Studium oder Wissenschaft.