Bachelor-Seminar WIF 640: Normative Argumentation#
Moodle: https://moodle.haw-landshut.de/course/view.php?id=5899
Einschreibeschlüssel: Bachelor
Inhalte#
Normative Argumentation besteht in ihrem Kern in der Abwägung von konfligierenden normativen Argumenten. Es geht darum, welcher der im Konflikt stehenden, legitimen, aber nicht zugleich erfüllbaren Forderungen unter den gegebenen Umständen Vorrang gegeben werden soll. (Sieckmann2020, S.101)
Überall da, wo Regelungen (z.B. AI Act, DSGVO, Compliance, Prüfungsordnungen etc. etc.) zu beachten sind – also eigentlich überall und immer – wird normativ argumentiert. Normatives Argumentieren ist Kernbestandteil jedes menschlichen Handelns. Insbesondere gehört es zur professionellen Kompetenz von Berufen, die es mit sozialen Systemen zu tun haben, und damit auch der WIF.
Aus Sicht der Informatik liegt die Idee nahe, die normativen Bestandteile z.B. einer Studien- und Prüfungsordnung (SPO), eines BaFöG-Antrags, eines Antrags auf Pflegegeld etc. so zu formulieren oder modellieren, dass nicht mehr nur ein Verwaltungs-Mitarbeiter oder Jurist (m/w/d), sondern auch eine Verwaltungs-Engine automatisch normative Entscheidungen vorbereiten, empfehlen, treffen (?), überprüfen kann.
In unserem Seminar beschäftigen wir uns mit den Grundlagen normativer Argumentation an der Schnittmenge von Wirtschaftsinformatik, Verwaltungs-Digitalisierung und Rechtswissenschaft. Wir gehen dabei von den aus der Informatik bekannten Logiken (Aussagenlogik, Prädikatenlokik) aus, lernen Modallogiken wie die epistemische und deontische Logik und ihre Probleme kennen. Insgesat wolllen wir einen Einblick gewinnen, wie juristische Argumentationen typischerweise aufgebaut sind, und welche Aspekte davon strukturwissenschaftlicher Logik zugänglich ist, Stichwort Law as code.
Unser Hauptinteresse besteht darin zu untersuchen, welche Anteile normativer Argumentation wir in einem formalen System abbilden können, und welche der menschlichen Vernunft vorbehalten bleiben. Möglicherweise wird es darauf hinauslaufen:
Bestimmte (z.B. begriffliche, prozessorientierte) Aspekte lassen sich recht gut in ein formales Modell überführen;
andere, typischerweise normative Abwägungsfragen kann (und darf) nur der Mensch;
aber der Mensch kann die Modelle nutzen, um seine Abwägungen besser zu begründen.
Juristische Vorkenntnisse sind nicht erforderlich, wohl aber Freude an Sprache und abstraktem Denken. Wir beschäftigen uns in dem Seminar mit einem philosophisch äußerst anspruchsvollen Thema. Unser zentraler Text Sieckmann2020 mit dem Titel Logik juristischer Argumentation ist in einer anspruchsvollen deutschen Sprache geschrieben und bereitet den analytischen Denker hohen Genuss. In unserem Seminar wollen wir uns auch mit der Erschließung gehobener nichttechnischer Texte beschäftigen.
Literatur#
Zentrales Lehrbuch:
Jan-R. Sieckmann: Logik juristischer Argumentation. Nomos 2020 (Online in der Bibliothek der HAW Landshut: https://flatp20.bib-bvb.de/search?bvnr=BV046823315)
ggf. ergänzende und das Feld erweiternde Texte:
Waltons Argumentationsmuster
Ausblick: Schopenhauers Eristik?