Wileb Poster Nexus 2014: Wir lesen ein Buch!

Diese Seite: "Web Companion" zum Poster "Wir lesen ein Buch" auf der Transfertagung … Abgucken erlaubt! Transfer von Studienreformprojekten zur Mathematik in der Ingenieurausbildung am 8. April 2014 im Tagungszentrum Schloss Herrenhausen in Hannover.

Gemäß dem Motto "Abgucken erlaubt" der Tagung stellen wir den Postertext und zusätzlichen verschriftlichten Sprechtext zum leichteren Abgucken ins Netz.

Titelzeile des Posters:

  • Prof. Dr. Johannes Busse, Hochschuldidaktik in den MINT-Fächern
  • johannes.busse (at) mnd.thm.de | http://www.jbusse.de

Das Poster als pdf (DIN A4): http://www.jbusse.de/images/Poster_wileb_2014-03-26.pdf

Postertext

Buch

schriftbasierte, symbolisch codierte, offline nutzbare, persönlich annotierbare, einfach replizierbare Wissensrepräsentation

schriftbasiert:
Gegenentwurf zu Videos.
  • Wir befinden uns in einer Hochschule, und wir bilden zukünftige Wissensarbeiter aus. Komplexe, innovative,High-Tech-Wissensbestände sind immer zuerst einmal schriftbasiert codiert; in einfach konsumierbare Videos werden sie erst überführt, wenn man sich an eine breite Basis von weniger gut ausgebildeten Menschen wenden will.
  • Selbst wenn Videos leichter zu konsumieren wären: Sie stehen u.E. für eine Fütterung mit vorgekautem Wissen, s.u. - das kann nicht Lernziel an einer Hochschule sein.
symbolisch codiert:
Es geht uns nicht nur um anschaulichen, leicht verdaulichen Prosa-text, sondern um wissenschaftliche wissensrepräsentationen, in denen auch Formeln, Diagramme, Modelle als Wissensrepräsentation eingesetzt werden.
offline nutzbar:
z.B. auch im Zug
persönlich annotierbar:
Anspruchsvolle Texte werden nicht nur passiv gelesen wie ein Krimi, sondern sie müssen ativ bearbeitet werden, insbesondere mit Unterstreichungen, Querverweisen etc.
einfach replizierbar:
  • Kopien sind heute billig; auch die Druckkosten spielen bei Büchern nur eine untergeordnete Rolle.
  • Prinzipiell halte ich auch eBooks für sinnvoll, sofern der Reader eine vernünftige Annotations-Komponente enthält.
  • e-Learning Angebote, die einen laufenden php-etc. Server benötigen, sind i.A. nicht einfach replizierbar.
  • Fehlermeldungen wie z.B. "Moodle ist aktuell aufgrund technischer Probleme leider nicht erreichbar" dürfen nicht zum Zusammenbruch von Lehren und Lernen führen.
Wissensrepräsentation:
Wir reden hier im Prinzip auch von komplexen, hoch strukturierten und quervernetzten technischen Handbüchern, bis hin zu Datenbanken. Probleme - solange sie so repliziert sind, dass sie unterwegs und offline genutzt werden können.

Lernziel Autonomie

Im EQR "wird Kompetenz im Sinne der Übernahme von Verantwortung und Selbstständigkeit beschrieben" ( Empfehlung des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. April 2008 zur Einrichtung des Europäischen Qualifikationsrahmens für lebenslanges Lernen (2008/C 111/01), http://ec.europa.eu/eqf/documentation_en.htm)

Es gibt 7 engere und 23 weitere Kompetenzmodelle ( die konkreten Zahlen sind austauschbar, es geht hier ums Prinzip: Es gibt verschiedene, nicht immer verlustfrei übersetzbare Modelle.) .

Uns gefällt die Begrfflichkeit des EQF deshalb besonders gut, da sie klar ist, in sich widerspruchsfrei definiert, und sich sich am umgangssprachlichen Sprachgebrauch orientiert.

Vorallem aber stellt sie die normativen Aspekte von "Kompetenz" in den Vordergrund, insbesondere den Begriff der Autonomie.

Und um autonome Studierende geht es uns sehr wohl in einer wissenschaftlichen Ausbildung.

TZI als didaktisches Modell

Thema wird vom Buch repräsentiert: Geltungsanspruch und Darstellung werden auch vom Dozenten kritisierbar

Lernende als Individuen:

  • Fragen
  • Lerntypen
  • Lern-Biographie

Lernende als Gruppe:

  • Warum hier?
  • Warum jetzt?
  • Warum mit Dir?

TZI: Themenzentrierte Interaktion:
Weniger eine Technik, vielmehr eine Einstellung bei der Moderation von Gruppen. Wir erwähnen TZI hier um deutlich zu machen, dass es zwar weit entfernte, aber für die Didaktik dennoch hoch relevante Bezugs-Wissenschaften (oder im falld er TZI: Praxeologien) gib.
Lernende als Individuen
bringen immer Eigenes mit. Es ist spezifische Aufgabe der personalen Lehre, den Einzelnen als Individuum zu erkennen - vor allem auch seine individuellen Stärken und Ressourcen!
Lernende als Gruppe
handeln aus, wie sich individuellen Bedürfnisse und Stärken hier und jetzt ergänzen können.

Strukturprobleme des Globe

  • Wissenschaftliche Identität: "Eher benutze ich Ihre Zahnbürste als Ihr Buch, Herr Kollege!"
  • Urheberrecht bei Mashups
  • Will ich geliebt werden?
  • Konsumhaltung der Lerner: "Muss ich das selbst lesen?"
  • Lehrende konkurrieren um die Lernzeit der Studierenden

Das Poster wurde auf der Tagung unter der Überschrift "Struktur" eingereicht.

Wir interpretieren "Struktur" auf der Grundlage von TZI als Bezugs-Wissenschaft als "Globe"

Die Struktur-Probleme von "Wir lesen ein Buch" sind also unter dieser Überschrift zu finden.

Bedienen oder frustrieren?

Ich übe gerne ...

  • unter gut strukturierter Anleitung
  • sehr selbstorganisiert
  • gemeinsam mit anderen zusammen

Skala: in hohem Maße ... gar nicht

Aussagen zum Lerntyp aus dem Brückenkurs Mathematik, Friedberg 2013, der nach dem Wileb-Format durchgeführt wurde.

Spannende Frage hier:

  • Wenn jemand gerne "unter gut strukturierter Anleitung" lernt: Soll man das bedienen - oder ihm genau das Gegentzeil zumuten?

Die selbe Frage stellt sich in Bezug auf selbstorganisiertes Lernen, auf Lernen in der Gruppe etc.

Was soll gute Lehre leisten?

  • vorgekautes Wissen löffelweise füttern
  • Fertigmahlzeit aufwärmen lassen
  • Kochen lehren: Zutaten selbst besorgen und nach Rezept zubereiten lassen
  • Ernährung lehren: Zutaten selbst anbauen und ernten lassen

Verallgemeinerung der Überlegungen zum Lerntyp auf Strukturebene:

  • Auf welcher Ebene will sich Didaktik an einer Hochschule bewegen?
  • Welche Inhalte sollte man bereits "vorgekaut" (und schnell rezipierbar) lehren, wo sind eher hochschul-angemessene Lehrformen angebracht?

Professions-Dilemma

Sei selbstständig! | erlernte Hilflosigkeit; | besser: Hilf mir, es selbst zu tun!

Platzhalter für weiterführende Diskussion der unteren Posterhälfte: Selbstverständlich kann und sollte man didkatisches Handeln auch an der Hochschule unter professionstheoretischer Perspektive der Sozialwissenschaften durchdeklinieren; Stichwort: "Erziehen als Profession" (Texte von Dewe etc al; vorallem auch Ulrich Oevermann)

Das Projekt "Klasse in der Masse" wird aus Mitteln des Bundesministeriums für Bildung und Forschung unter dem Förderkennzeichen 01PL12034 im "Gemeinsamen Bund-Länder-Programm für bessere Studienbedingungen und mehr Qualität in der Lehre" gefördert.

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